JSG Weserbergland vs HSG Wennigsen/Gehrden weibliche C Jugend

21 - 25
Zeit

Details

Datum Zeit League Saison
12. Januar 2023 18:30 Regionsoberliga WJC 2022/2023

Zusammenfassung

Interview mit einem Vampir

Wer bei dieser Überschrift an den Film, mit Brad Pitt und Tom Cruise aus dem Jahre 1994 denkt, liegt leider falsch. Hier geht es um ein Interview, welches von Gerold Vampir mit Torben Weschen durchgeführt wurde. G. Vampir ist einer erfolgloser Handball-Food-Blogger aus Holzwickede, der sich am 17.03.12023 mit Torben zusammengesetzt und interviewt hat. Wir veröffentlichen hier vorab Auszüge aus diesem Interview, da dort auf das Spitzenspiel der JSG Weserbergland gegen die HSG Wennigsen/Gehrden vom 12.01.2023 eingegangen wird.

G. Vampir: Hallo Torben, vielen Dank, dass Du Dir heute Zeit für mich genommen hast.
T. Weschen: Gerne
G. Vampir: Da bist als Co-Trainer, Torwarttrainer, Maskottchen, Mutter der Kompanie, oder was auch immer, mit für die weibliche B/C-Jugend verantwortlich. Hier wollen wir über ein Spiel der C-Jugend sprechen. Ihr seid ja lange Zeit in der Saison ohne Punktverlust geblieben, aber tatsächlich in der Tabelle nur auf Platz zwei. Der Kontrahent des Spiels, über das wir sprechen, die JSG Weserbergland hatte bereits ein Spiel mehr absolviert und auch ohne Punktverlust. Durch das ausgefallene Spiel gegeneinander waren sie an euch vorbeigezogen. Wie sehr hat Dich das geärgert?
T. Weschen: Schon ein wenig. Davor, als wir noch Tabellenführer waren, ist es schon schön gewesen, in eine fremde Halle zu kommen und alle wissen, da kommt der Tabellenführer, da wird nix zu holen sein. Wir waren zwar weiter ungeschlagen, aber eben nicht mehr Erster. Das war schon doof. Umso mehr habe ich halt auf den Termin am 12.01.2023 gewartet.
G. Vampir: Ja genau. Ihr hattet Euch auf das Spiel kurz vor Weihnachten im letzten Jahr gefreut und musstet dann doch noch mehrere Wochen warten.
T. Weschen: Wir hatten uns, am Anfang der Saison, sehr auf den Dezember mit seinen vielen Spielen gefreut und dann sind alle ausgefallen. So waren wir 6-7 Wochen ohne ein Spiel. Durch die Ferienzeit mussten wir dann in das Spiel, mit nur einer richtigen Trainingseinheit gehen. Und die war dann irgendwie auch ein wenig unstrukturiert. Die Vorzeichen waren also alles andere als gut. Trotz eines 16er Kaders, konnten wir dann, durch diverse Absagen, auch nur mir 12 Spielerinnen antreten. Ein Spiel in der Woche, noch dazu, wenn der Spielort so weit entfernt liegt, ist halt immer ein wenig schwierig zu organisieren. Da sind viele Telefonate im Vorfeld nötig. Wenn dann auch Fans mitkommen wollen, sind schon ein paar Eltern nötig, die Zeit haben und auch mehrere Plätze im Auto zur Verfügung stellen können.
G. Vampir: Ihr hatte ja immerhin nicht nur 10 Eltern und Geschwister dabei, sondern auch noch Spielerinnen und Spieler von den anderen Jugendmannschaften, die zum Teil auf eigenes Training verzichtet haben, um diesem Spiel beiwohnen zu können. Was bedeutet das für den Verein?
T. Weschen: Training zu verpassen ist natürlich nicht schön, aber in diesem Zusammenhang haben wir uns sehr gefreut, weil es zeigt, dass die Mannschaften über die Jahrgänge und Geschlechter hinaus, zusammenwachsen. Die Stimmung, die von den Fans bei diesem Spiel gemacht wurde, war einfach unglaublich. Es waren bestimmt doppelt so viel Heimfans da, wie unsere Fans, aber von denen kamen höchstens Beschwerden über die Schiedsrichterleistung oder angebliche Fehler unserer Spieler. Da war bei unserer ganz anders. Wenn ich daran denke, bekomme ich jetzt noch eine Gänsehaut. Die zwei Spielerinnen aus der B-Jugend hatten sogar zwei Banner gemalt, welche sie, mit Erlaubnis der JSG, aufgehängt haben. Das zu sehen, war einfach total cool Wo haben Sie das schonmal in der Spielklasse gesehen. Von einem solchen Engagement leben so kleine Sportvereine wie wir es sind. Danke nochmal an die Schabe und Gidsel.
G. Vampir: Ja, Sie haben recht. Außergewöhnlich. Lassen sie uns jetzt zum Spiel kommen. Wie haben Sie das gesehen? War es einem Spitzenspiel würdig?
T. Weschen: Wie soll ich das beschreiben? Ich fange am besten ganz vorne an.
G. Vampir: Ich bin ganz Ohr.
T. Weschen: Wir hatten die Mannschaft ja 2x beobachtet und wussten, welches die starken Spielerinnen sind und wie sie spielen wollen. Wir waren auf eine starke Mitte im Rückraum eingestellt, welche meistens die überragende Spielerin auf Rückraum links oder den flinken Kreis einsetzt. Dazu wussten wir um die starke Torhüterin. Wir waren also gut vorbereitet. Gut, dass Leonie, die Spielmacherin wegen des Trainingsrückstandes nur auf der Bank war und Jona ihren Platz auf der Mitte übernahm, wussten wir zwar nicht, aber da wir das auch in einem Spiel gesehen hatten, war es auch keine Überraschung. Die Nervosität war auf beiden Seiten spürbar und das war ein Faktor, der nicht quantifiziert werden konnte. Das Spiel startete also mit unserem Anwurf. Wir kamen auch durch Henrike zu einem Abschluss, der aber gehalten wurde. War er zu unplatziert oder lag es an der Torhüterin. Das konnte man zu dem Zeitpunkt noch nicht sagen. Doch beides spielte in der Anfangsphase eine Rolle. Da auf der Gegenseite aber auch Lotta gleich wieder eine Parade zeigte, war alles gut. Nach ca. 2 Minuten stand es dann durch Tore von den Toptorjägerinnen Jona und Neomi 1:1. Auch die gelben Karten wurden brüderlich geteilt. Somit war auch früh klar, dass es ein Spiel werden würde, welches in der Abwehr entschieden wird. Aber vorerst drückte die Nervosität dem Spiel den Stempel auf. Die Abwehr stand, wie es der Mauer aus Wennigsen würdig war. Bis auf das eine Tor war Jona im Griff und ein Sonderlob an Emma für ihre Abwehrarbeit am Kreis, die Kaija, die Schwester von Jonas so gut abdeckte, dass sie keine Möglichkeit für einen Abschluss fand. Nach vorne reihten sich leider Fehlentscheidung, überhastete Abschlüsse, Torhüterparaden und Abstimmungsprobleme aneinander, so dass spätestens nach einem verworfenen 7-Meter von Neomi, allen klar war, dass dieses Spiel kein Selbstläufer wird. Auch Lotta zeigte gleich die zweite Parade und so stand es bis 7:31 tatsächlich 1:1. Dann schlug allerdings wieder Jona zu, die einfach nicht komplett zu verteidigen war. Also waren wir wieder im Rückstand.
G. Vampir: Wie war die Unterstützung der Fans zu dieser Zeit? Wie ich hörte, wurde den Fans die Flüstertüte verboten.
T. Weschen: Das habe ich tatsächlich gar nicht mitbekommen. Ich habe auch die Flüstertüte nicht gehört. Ich war tatsächlich so auf das Spiel konzentriert, dass ich das nicht gemerkt habe. Ich weiß nur, dass es wirklich eine dauerhafte Unterstützung gab. Die Klatschpappen, die mitgenommen wurden, haben gut Arbeit geleitet. Auch Anfeuerungen kamen laufend. Wobei ich mich an keine genauen erinnern kann. Aber das war vom Anpfiff bis zum Schlusspfiff einfach überragend. Vor allem wurde nicht der Gegner ausgepfiffen, sondern immer nur das eigene Team unterstützt. So wünscht man sich das.
G. Vampir: Stimmung gehört doch zum Handball auch dazu. Und dann beschwert sich der Trainer über Fangesänge und Unterstützung? Das ist doch ungewöhnlich.
T. Weschen: Wie gesagt, das habe ich nicht mitbekommen. Aber ich will eine Lanze für den Heimtrainer brechen. Das Verhältnis und der Umgang waren wirklich gut. Wir haben uns bereits vor dem Spiel unterhalten. Es war ein sehr gutes Gespräch. Wir haben uns über den bisherigen Saisonverlauf unterhalten und uns gegenseitig gelobt. Wobei er uns ein wenig die Favoritenrolle zugeschoben hat, die ich aber auch gerne angenommen habe. So habe ich auch von dem Bänderriss seiner Spielmacherin Leonie erfahren, die nach Trainingsrückstand eigentlich noch geschont werden sollte und zu Beginn ja auch wurde.
G. Vampir: Also würden Sie von einem guten Verhältnis zwischen den Teams sprechen?
T. Weschen: Also bei den Offiziellen schon. Egal ob Trainer, Betreuer oder das Kampfgericht gestern. Sportlich gut, so wie es im Handball auch vorwiegend vorzufinden ist. In der Mannschaft war gestern die Rivalität um Platz 1 vorherrschend. Aber die Generation kommuniziert ja sowieso eher über sie sozialen Medien. Im direkten Miteinander wird nicht so viel geredet. Aber es war ok würde ich sagen. Auch wenn wohl im späteren Verlauf bei der JSG, durch die tolle Abwehrarbeit, die Frustration immer weiter anstieg. Nach jedem Angriff, der in der Deckung hängen blieb, konnte man am Blick sehen, dass sie am liebsten den einen oder anderen Hieb austeilen würden. Das haben wir aber schon bei vielen Gegnern gesehen. Die kommen nicht mit unserer Abwehr klar und sind einen solchen Zusammenhalt nicht gewohnt.
G. Vampir: Wie hat die Mannschaft nach dem erneuten Rückstand reagiert. Vor allem, da es nach vorne noch nicht so richtig lief. Wie ging es weiter?
T. Weschen: Toll. Plötzlich ging ein Ruck durch die Mannschaft. Leni hat sich durch die frühe gelbe Karte nicht beeinflussen lassen und endlich auch nach vorne ihre gewohnte Ruhe gefunden. In der Abwehr stand sie ja von Anfang am im Mittelpunkt gegen Jona und ließ ihr keinen Freiraum, aber jetzt wurde endlich auch die Nervosität im Angriff abgelegt. Das fehlte in der Anfangsphase. Durch diese Ruhe konnte endlich Neomi durchstarten, ihr starkes 1:1 zeigen und den Ausgleich erzielen. Den nächsten 7-Meter durfte sie, durch ihren Fehlwurf ein paar Minuten vorher, zwar nicht werfen, aber ihre Issy machte es gut und erzielte die erste Führung. Kaija, die Kreisläuferin und Schwester von Jona, schaffte mit ihrem ersten Treffer zwar nochmal den Ausgleich, danach war aber erstmal nur noch die HSG am Zug. Rike mit zwei Toren und Issy mit ihrem ersten Feldtor stellten, innerhalb von nur 61 Sekunden, die Weichen auf Sieg. Durch diesen 3-0 Lauf, sah der Heimtrainer sich zu einer Auszeit gezwungen.
G. Vampir: Wie war die Stimmung?
T. Weschen: Schwer zu beschreiben. Zwar erleichtert über diese Führung, aber irgendwie noch unsicher, ob man die Leistung auch konservieren kann. Sven versuchte, neben allem Lob, die Mädels etwas zu beruhigen. Außerdem sollten sie sich auf ihre Stärke besinnen und etwas gezielter werfen. Das größte Lob für uns war, dass Leonie nach dieser Auszeit, auf der Mitte, eingewechselt wurde. Der Trainer sah, dass es ohne sie heute nichts mit dem Verteidigen der Tabellenführung werden würde.
G. Vampir: Hört sich ja gut an, aber ich hörte, dass sie ihre Torhüterin Lotta einmal ziemlich heftig kritisiert haben. Warum?
T. Weschen: Das kann ich erklären. Sie hat im Tor wieder eine gute Leistung abgeliefert, aber nicht auf das gehört, was wir immer wieder predigen. Das Spielgeschehen soll im Auge behalten werden. Es soll auf den Schiedsrichter geachtet werden. In der Situation hatte eine Außenspielerin auf das Tor geworfen und auch in Netz getroffen. Da sie aber im Kreis stand, zählte das Tor nicht, was der Schiedsrichter auch eindeutig anzeigte. Lotta aber war so in ihrer Welt, dass sie den Ball einfach nach vorne warf, ohne darauf zu achten, was ich ihr zurief. Das kam im Spiel schon einmal vor. Da landete der Ball aber bei einer Mannschaftskameradin. Dieses Mal ging der Ball aber viel zu weit und landete beim Gegner. Denselben Fehler zu wiederholen, ging gar nicht. Besonders, wenn man dadurch den sicheren Ballbesitz verliert. Gegen starke Gegner können solche Fehler ein Spiel kosten. Es tat mir kurze Zeit später auch schon wieder leid, aber in dem Moment hatte sie es verdient. Solche Fehler passieren in der Regel nicht ihr, sondern nur den Feldspielerinnen, aber da platze mir halt der Kragen.
G. Vampir: Wie hat sie das aufgenommen?
T. Weschen: In dem Augenblick wohl erstmal nicht so gut. Da war sie wohl schon ein wenig böse auf mich. Die kann ja auch echt fies gucken *lacht* Aber wir haben später nochmal darüber gesprochen und alles geklärt. Wir hoffen, dass das so schnell nicht wieder passiert. Aber wer weiß, die Mädchen hören ja nie richtig zu. Aber das Team selbst hat es wohl nicht gestört. Der folende Angriff wurde wieder abgefangen und Rike stellte mit dem 7-3 auf einen 4-0 Lauf. Leider verwarf auch Issy dann einen 7-Meter, aber da die nächsten vier Tore sich auf beide Teams verteilten, nahm Sven beim Stand von 9-5 für uns eine Auszeit.
G. Vampir: Warum, es lief doch eigentlich alles rund?
T. Weschen: Auch wenn ich jetzt davon berichte, dass wir einen komfortablen Vorsprung hatten, so darf ich nicht verschweigen, dass dieser Erfolg harte Arbeit war. Im Positionsangriff stand unsere Abwehr stand zwar wie eine 1, aber das kostet Kraft. Besonders Issy hat durch ihre Schnelligkeit den einen oder anderen Tempogegenstoß abgelaufen. Sven wollte einfach für eine kleine Verschnaufpause sorgen. In der Auszeit war dann schon irgendwie das Gefühl greifbar, dass wir an dem Tag als Sieger vom Platz gehen könnten.
G. Vampir: Das hört sich doch sehr gut an. Aber trotzdem schienen Sie ein wenig mit dem Schiedsrichter zu hadern. Warum? Sven war doch recht ruhig.
T. Weschen: Sven wird nur selten laut. Er rollt lieber mit den Augen. Aber einmal wären sie ihm wohl fast rausgerollt *zwinkert leicht* Rike, die momentan dem 1:1 leider ein wenig aus dem Weg geht, hatte sich in eine gute Wurfposition gebracht. Was sie momentan sehr gut kann, ist das Kreuzen vor der Abwehr, hochsteigen und ins Eck hauen. Das hatte sie schön vorbereitet. Sie stieg hoch, stand fast in der Luft und hatte eine perfekte Wurfposition. Was passierte dann? Sie landete und spielte ab. Das war fast ein sicheres Tor. Da Sven nicht sein Augenlicht verlieren wollte, hat er auf das Rollen verzichtet und seine Wut an der grünen Karte ausgelassen. Aber sonst war ja Spiel am Laufen. Das Team lag vorne und die Stimmung war recht freundschaftlich und daher wollte er keine Schärfe reinbringen.
G. Vampir: Und was war mit Ihnen? Warum die Unzufriedenheit mit dem Schiedsrichter?
T. Weschen: Ach, im Großen und Ganzen können wir ja schon zufrieden sein. Was mich aber aufgeregt hat, war sein Umgang mit dem Zeitspiel. Von Anfang an, stand die Abwehr sehr souverän und stellte Weserbergland vor so große Herausforderungen, dass sie ihre Angriffe sehr lange ausspielen mussten. Sie haben einfach keine Möglichkeit gesehen, zum Abschluss zu kommen. Da hätte er einfach die Hand heben und Zeitspiel anzeigen müssen. Das bald die 7-Meter Festspiele beginnen sollten, ahnte ich ja noch nicht. Auch wenn sie wahrscheinlich die meisten berechtigt waren. Aber Das mit dem Zeitspiel war schon ärgerlich.
G. Vampir: Blieb es denn bei der Führung?
T. Weschen: Nach der Auszeit waren keine 4 Minuten mehr bis zur Pause zu spielen und es stand 9-5. Aber es wurde noch ereignisreich. Es gab noch sechs Feldtore und zwei 7-Meter. Rike mit Treffer vier und Neomi mit ihren Treffern 4-6 erhöhten unser Torkonto auf 13, während Weserbergland noch zwei Feldtore erzielte. Dazu kam dann noch, nach einem verworfenen, ein verwandelter 7-Meter in der Schlusssekunde, so dass der Platz mit dem Stand von 13-8 verlassen wurde.
G. Vampir: Da kann man doch beruhigt den Pausentee genießen, oder?
T. Weschen: Klar. Aber Sven wäre nicht Sven, wenn er nicht Verbesserungen in der Pause gehabt hätte. Alle Spielerinnen hatten, zumindest kurze, Einsatzminuten in Hälfte eins. Dazu hofften wir auf eine noch höhere Führung, um einzelnen Spielerinnen noch mehr Praxiserfahrung geben zu können. In der Abwehr genauso weiter. Da hatten sich auch die Einwechselspielrinnen nahtlos in die starke Leistung eingereiht. Außen war mit Alina und Melina ebenso abgedeckt wie vorher mit den ausgewechselten Spielerinnen. Besonders Alina machte die Gegner eins ums andere Mal fest, als würde sie Walzer tanzen. Im Angriff einfach nur konzentrierter spielen und genauer werfen. So sollte die Führung locker ausgebaut werden können.
G. Vampir: Wenn das nur so einfach wäre.
T. Weschen: Ja genau. So einfach war es dann eben doch nicht. Dem 9-13 folgte mit dem ersten Tor von Lucy auch sofort der Konter, aber irgendwie schrumpfte der Vorsprung. Woran es lag, konnte nicht so genau ausgemacht werden. Zwei Punkte kamen mir in den Sinn. Irgendwie eine etwas strengere Gangart des Schiedsrichters. Neben, jetzt gehäuften, 7-Metern für den Gegner, kamen auch ein paar Zeitstrafen dazu. Damit kamen wir nicht so richtig klar. Als zweiten Punkt war vielleicht die Auswechselung von Neomi. Es waren nicht unbedingt die Tore, die fehlten. Es war die Präsenz, die sie an diesem Tag ausstrahlte. Sie war nicht zu ersetzen und sorgte mit ihren 1:1 Situationen immer wieder für die nötigen Impulse, um den Gegner weiter auf Distanz zu halten. Das fehlte. Plötzlich stand es nach nur ca. 3,5 Minuten auf einmal nur noch 14-11 für unser Team. Leni saß gerade für 2 Minuten draußen, als der entsprechende 7-Meter verwandelt wurde. Dann bekam Gott sein Dank auch die JSG eine Strafzeit und wir einen 7-Meter. Nach Svens Gebot, darf keine Werferin noch einen 7-Meter werfen, wenn sie einen verworfen hat. Nach einiger Verwirrung wurde dann für diesen Wurf Jule von der Bank geholt. Schon fast wie in der Bundesliga *grinst* Wir alle wissen, was für einen unglaublichen Wurf Jule hat. Wenn die Torhüterin gewusst hätte, was ihr blüht, hätte sie wohl nicht versucht, Jule mit dem grimmigen Blick einzuschüchtern, sondern eher flehentlich geschaut. Da wir aber nicht nur die Wurfstärke, sondern auch das Nervenflattern von Jule kennen, war eine gewisse Nervosität im ganzen Team greifbar. In der Situation behielt sie aber die Nerven und pfefferte den Ball mit voller Wucht an der Keeperin vorbei ins Netz. Dadurch wechselte das Momentum wieder auf unsere Seite. Kaija schaffte zwar wieder zu verkürzen, aber das vielumjubelte Tor von Elif und ein weiterer Treffer von Issy sorgten für eine weitere Auszeit auf Seiten des Heimteams.
G. Vampir: Na dann war dann ja alles klar.
T. Weschen: Hätte man besonders nach Rikes Treffer zum 18-12 meinen können. Sechs Tore vorn und noch 16 Minuten zu spielen. Sollte reichen. Aber leider konnten wir dann nur einen Treffer durch Issy erzielen, während Weserbergland groß aufdrehte. Sie erzielten fünf Tore. Eingeschlossen ein 4-0 Lauf. Insbesondere die drei 7-Meter innerhalb von nur drei Minuten, sorgten bei Lotta für eine gewisse Frustration. Die Würfe waren zu hart und zu platziert, als dass sie gehalten werden konnten. Noch dazu plagten sie Hüftschmerzen. Man hatte das Gefühl, dass jetzt jeder Angriff von Weserbergland zu einem 7-Meter oder Tor führte. Wobei die 7-Meter ja auch alle verwandelt wurden. Keine gute Phase. Es war wirklich kritisch.
G. Vampir: Sie sprechen jetzt von Schmerzen bei Lotta. Wie ich hörte, gab es, besonders in der zweiten Halbzeit, viele Unterbrechungen, weil Spielerinnen von Weserbergland am Boden lagen und augenscheinlich auch Schmerzen hatten. Was ist da passiert?
T. Weschen: Zuallererst muss ich sagen, dass mir natürlich jede Träne beim Gegner auch leidtut. Härte gehört halt dazu. Besonders, wenn man gegen unsere Abwehr spielt, aber Tränen müssen nicht sein. Es war in der Regel auch kein böses Foul dabei. Es kam aus der Situation heraus. Mangels anderer Möglichkeiten, versuchten besonders Leonie, Jona und Kaija immer wieder 1:1 zu gehen. Dabei mussten sie so viel Kraft aufwenden, die sie nicht mehr kontrollieren konnten und zu Boden stürzten, wenn sie dann doch nochmal durch die Mauer gekommen sind. Das hatte zur Folge, dass sie dann immer in den Kreis stürzten. Dann sorgte mit Sicherheit die steigende Frustration immer mehr dazu, dass sich die Schmerzen größer anfühlten, als sie wirklich waren. Aber Hut ab vor dem Willen dieser drei Spielrinnen. Ich glaube schon, dass sie am Tag danach mit schmerzenden Gliedern aufgewacht sind.
G. Vampir: Die Betreuerin musste doch dann auch oft auf den Platz, Tränen trocknen und Blessuren kühlen. Schon mehr als üblich. Gab es da kein böses Blut zwischen den Vereinen?
T. Weschen: Auch da nochmal mein allergrößtes Lob an die alle Verantwortlichen der JSG. Diese Situationen wurden als das angesehen, was sie waren. Es gab keinerlei Vorwürfe. Es waren harte, aber faire Zweikämpfe, die aber in der Regel zum Handball dazu gehören. Hut ab aber auch vor unserem Team, die sich jedes Mal für diese Aktionen entschuldigt haben. Es gab nach dem Spiel nur Lob und faire Gratulationen. Jede Seite hat zwar die eine oder andere Situation anders gesehen, aber auch das ist vollkommen normal.
G. Vampir: Nach dem letzten 7-Meter habe ich ein wenig den Überblick verloren. Wie stand es denn jetzt?
T. Weschen: Ja, plötzlich stand es 19-17. Nur noch zwei Tore Vorsprung. Sven nahm dann auch nach dem 7-Meter eine Auszeit. Das Team strotzte da nicht gerade vor Selbstvertrauen und wir alle wissen, wie schnelle zwei Tore im Handball aufgeholt sind. Wenn mal ein Wurf gelang, stand leider oft die Torhüterin im Weg. Ich muss tatsächlich gestehen, dass ich mich an diese Auszeit gar nicht mehr erinnere. Ich war tatsächlich ein wenig damit beschäftigt, mich um Lotta zu kümmern, der die 7-Meter ja nur so um die Ohren flogen.
G. Vampir: Das hört sich wirklich nicht gut an. Kippte das Spiel?
T. Weschen: Es war kurz davor. Rike stellte zwar mit einem Tor auf +3, bekam aber kurze Zeit später eine 2 Minuten Strafe. Auch wenn die wahrscheinlich für Jule gewesen wäre. Aber da es wieder einmal einen lauten Klatscher am Kreis und darauffolgend Tränen gab, hatte der Schiedsrichter ein wenig den Überblick verloren. Danach gelang Issy sogar in Unterzahl das +4, aber da das Team einfach zu fahrig agierte und die eigenen Angriffe zu schnell abschloss, gelang Lilly auf außen das Kunststück, zwei Tore hintereinander für Weserbergland zu erzielen. Also mit 21-19 wieder nur zwei Tore vorn.
G. Vampir: Das klingt ja wirklich spannend.
T. Weschen: Und ob. Crunchtime at it`s best. Und die Szene wiederholte sich. Neomi erzielt ein Tor und kassiert kurze Zeit später eine Zeitstrafe. Zum Haare raufen. In der Unterzahl behält das Team Gott sein Dank den Überblick und erzielt ebenso wie der Gegner ein Tor. Dann, fünf Minuten vor Schluss, wieder ein 7-Meter. Es steht 23-20 für uns und immer noch Unterzahl. Jetzt schafft Lotta eine unglaubliche Parade und entschärft den Wurf. Da Neomi knapp eine Minute später ihr neuntes Tor erzielt, ist der Sieg ab da nicht mehr gefährdet. Jona darf zwar auch nochmal zum insgesamt achten 7-Meter antreten und verwandeln. Aber egal. Henrike erzielt kurz vor dem Abpfiff auch noch ein schönes Tor und so lautet das Endergebnis letztlich 25-21. Wir sind wieder Tabellenführer.
G. Vampir: Glückwunsch. Und danach?
T. Weschen: Was soll ich sagen. Jubel pur. Der schon gewohnte Jubelkreis mit dem „Spitzenreiter“ Gesang. Sven und ich sollten dieses Mal in die Mitte und mitsingen, was mir persönlich etwas unangenehm war. In der Kabine ging die Feier der Truppe dann wohl weiter. Aber da haben wir Trainer natürlich keinen Zutritt. Aber es kursiert noch ein Video zu einem Jubelkreis zum Lied „Sweet Caroline“. Vielleicht wird das ja unsere Meisterhymne. Wer weiß. Als Krönung dieses Tages ging es, auf Wunsch einer Spielerschwester, dann im Anschluss noch zu McDonald`s. Zwar kein Sportleressen. Aber ab und zu kann man das mal machen.
G. Vampir: Noch eine Frage zum Abschluss. Sie haben angeblich vor dem Spiel „gebetet“ und versprochen, bis zum letzten Spiel keine Süßigkeiten mehr zu essen, wenn das Spiel gewonnen wird. Stimmt das wirklich? Das erscheint mir arg unwahrscheinlich, da Sie doch für ihre Schwäche bekannt sind, was diesen Bereich angeht.
T. Weschen: Hehe, ich habe gesagt, bis zur nächsten Niederlage oder dem Gewinn der Meisterschaft. Je nachdem, was eher kommt. Aber richtig. Das habe ich vor.
G. Vampir: Morgen ist jetzt das letzte Spiel der Saison. Um die Spannung nicht zu zerstören, frage ich nicht, ob sie schon wieder Süßigkeiten gegessen haben, sondern ob ein Verzicht für knapp drei Monate es wert waren, das Spiel zu gewinnen?
T. Weschen: Jeder der mich kennt, weiß, wie sehr ich Süßigkeiten mag. Also wie groß das Opfer ist. Aber so eine kleine Diät zum Jahresstart wäre ja nicht schlecht. Außerdem ist es gut für den Geldbeutel. Und ich muss nicht mehr versuchen, die ganzen leeren Verpackungen von den Süßigkeiten zu verstecken, die ich heimlich gegessen habe. Also ganz klar ja.
G. Vampir: Und da wird nicht mal heimlich geschummelt, wenn keiner schaut?
T. Weschen: Nein, natürlich nicht. Wenn ich ein Versprechen breche, was ich mir selbst gegeben habe, wer soll dann meinen Versprechen vertrauen. Es kann sein, dass ich aus Versehen mal was esse. Aber absichtlich werde ich das nicht machen.
G. Vampir: Dann nochmal Glückwunsch nachträglich zum Sieg. Können Sie mir auch ein Fazit oder eine kurze Zusammenfassung des Spiels geben?
T. Weschen: Die Truppe muss noch viel lernen. Sie müssen lernen, ein Spiel zu lesen. Auf den Schiedsrichter, Spielsituationen und auch den Gegner zu achten. Es kann z.B. nicht sein, dass wir das Spiel in Unterzahl schnell machen. Es waren in dieser Partie zu viele Einzelaktionen und wenig Zusammenspiel. Besonders der Kreis tut mir leid. Es wird langsam besser. Aber Emma und Doaa bekommen leider zu wenig Bälle. Aber was die beiden in der Abwehr gegen das, wahrscheinlich beste Kreisspiel der Liga gezeigt haben, war super. Dazu hätten wir die recht offene Abwehr besser ausnutzen müssen. Schön war, dass Leni gezeigt hat, dass sie in der Abwehr richtig gut zupacken kann, wenn es darauf ankommt. Das war in der Abwehr wohl ihre beste Partie bisher. Nach so langer Spielpause und gegen einen solchen Gegner kann man aber schon sehr zufrieden sein. Auch wenn wir natürlich gerne höher gewonnen und manchen Spielerinnen mehr Spielzeit gegeben hätten.
G. Vampir: Sehen Sie es mir nach bei den ganzen Namen, bin ich ein wenig durcheinandergekommen. Können Sie mir nochmal sagen, wer alles gespielt hat?
T. Weschen: Tor: Lotta (10 Paraden). Feld: Neomi (9), Henrike (7), Issy (6), Lucy (1), Elif (1), Jule (1); Melina; Emma, Doaa, Alina und Leni
G. Vampir: Dann vielen Dank für die Zeit und bis zum nächsten Mal. Vielleicht ja zu einem Interview nach der Meisterschaft.
T. Weschen: Gern geschehen.

Ergebnisse

Mannschaft1. Halbzeit2. HalbzeitEndergebnisSpielausgang
JSG Weserbergland81321Niederlage
HSG Wennigsen/Gehrden C131225Sieg

JSG Weserbergland

# Spieler Position Würfe Tore Vorlage Abwehraktion Parade Gegentore Strafen
1Amilia Shirin Bluemel-0000000
3Kaija Samira Voigt-6600000
4Leonie Seliger-7700000
5Jona Daria Voigt-4400000
6Lilly Mariella Schuette-2200000
7Mira Huehne-0000000
Samira Stodian-0000000
10Alina Topci-0000001
11Emily Borgardt-0000000
15Lana Mailin Miljkovic-2200001
9Tia Nalin Bluemel-0000000
 Gesamt 212100002

HSG Wennigsen/Gehrden C

# Spieler Position Würfe Tore Vorlage Abwehraktion Parade Gegentore Strafen
8Melina GuentherLinks außen0000000
3Lucia DohmeyerLinks außen1100000
4Sienna Elif FrankeLinks außen1100000
6Sidney NolteRückraum links10611000
17Leni Carlotta ReinholdRückraum Mitte0001002
11Neomi KoesterRückraum links12901001
17Doaa AlhajKreis1000000
1Lotta NeulingTorwart000010210
3Alina GraberLinks außen0000000
14Jule WeschenRückraum links1141000
15Henrike MensingRückraum rechts12711001
11Emma Lea BodeKreis1000000
 Gesamt 39256510214