Irgendwie anders als geplant
von Torben Weschen 27.02.2023
5:33 Uhr: Ich bin aufgewacht. An einem Samstag um 5:33 Uhr. Warum zum Teufel so früh. Ich quäle mich aus dem Bett und gehe ins Wohnzimmer. Die erste WhatsApp an Alina geschickt wegen der Abholung später.
7:30 Uhr: Cathrin ist auch aufgewacht. Ich habe derweil an den Interviews für die Homepage gearbeitet.
8:30 Uhr: Erstellte Interviews verschickt.
9:00 Uhr: Jule wird geweckt. In einer Stunde ist Abfahrt zum Mini-Training. Und sie muss schließlich langsam wach werden. Ich fahre aber erstmal zum Grünguthof um die ersten Grünschnitte aus dem Garten zu entsorgen. Ablenkung ist gut. Ich bin schließlich doch ein wenig aufgeregt.
10:00 Uhr: Abfahrt mit Jule und Gidsel zum Mini-Training. Neomi und Rike sind in der Kirche und beten für die Meisterschaft (oder so). Zwischenstopp beim Bäcker.
10:45 Uhr: Henry nochmal per WhatsApp an den Schlüssel für den Kiosk erinnert. Treffen mit Sven in der KGS-Halle. Überprüfung des Hallenbodens und Absprache der Hoodieübergabe.
11:00 Uhr: Gehe im Eingangsbereich der Halle auf und ab. Warten auf Sven, der telefoniert. Mir ist langweilig. Ich hasse warten. Versuche eine verstopfte Toilette zu „reparieren“. Klappt nicht. Immerhin läuft sie nicht über. War aber knapp.
11:30 Uhr: Wieder zu Hause angekommen. Hoodies in Cathrins Kofferraum umgeladen. Von dort sollen sie in der Halbzeit von Lotti und Gidsel raugeholt werden. Nun heißt es irgendwie Zeit totschlagen.
12:00 Uhr: Erhalte die endgültigen Zusagen für das Kampfgericht. Hoffentlich funktioniert alles mit der neuen Uhr. Aber organisatorisch ist alles vorbereitet.
12:40 Uhr: Abfahrt. Erst Alina und dann Lucy abholen. Ich habe an den Korb mit dem Kaffee und der Kasse gedacht, den ich mitnehmen sollte. Das ich an so was denke, kommt nicht oft vor. Ich sollte Cathrin daran erinnern, dass sie mich dafür gelobt werden will.
13:00 Uhr: An der Halle kommt zeitgleich Henry mit uns an. Computer und Schlüssel für den Kioskbereich dabei. Eine Sorge weniger.
13:10 Uhr: Kümmere mich mit Isabell um den Aufbau des Kioskes und kleinere organisatorische Aufgaben. Lotti und Gidsel werden schonmal über den geplanten Ablauf mit den Hoodies informiert.
13:30 Uhr: Der Gegner ist da. Ich rede mit den Trainern. Er gratuliert zur Meisterschaft. Wir haben ein gutes Verhältnis denke ich. Die haben zwar Stress mit Sehnde, aber zwischen uns ist alles ok. Ich kläre die „Einlaufshow“ mit ihm. Schließlich sollen alle Spielerinnen mit Namen aufgerufen werden. Er findet die Idee gut und gibt sie seinem Team weiter.
13:34 Uhr: Der Trainer versucht uns einzulullen. Er hat keine „Ersatzbank“ und es wird heute einfacher für uns, sagt er. Insgeheim träume ich von einem großem Vorsprung und einer fulminanten „Feier“ während des Spiels. Dann blicke ich auf den Spielerbogen. Die Topspielerinnen sind alle dabei. Die Zwillingen Jona und Kaija Voigt, die Spielmacherin Leonie Seliger und die Torhüterin Amilia Blümel (Deren Mutter mich später noch umarmen und drücken wird). Die Torhüterin ist groß. Also flach, flach, FLACH werfen. Das Spiel wird einfacher? Blödsinn. Über mir zerplatzt die Gedankenblase des lockeren Sieges.
13:40 Uhr: In der Hälfte von Weserbergland ist der Boden feucht und ich werde nach Wischmöglichkeiten gefragt. Ich schnappe mir also den Wischer und trockne den Boden. Das kommt bestimmt von meinem zerplatzten Traum. Ach ne, wir hatten vorher die Halle nochmal gewischt, weil der Boden wieder mal recht rutschig vom Staub war.
13:45 Uhr: Da ich vergessen hatte, zu erwähnen, dass ich den Kaffee schon mitgebracht habe, wird er erst jetzt gekocht. Da bringt mir kein Lob, sondern einen bösen Smilie ein.
14:00 Uhr: Mir fällt auf, dass ich die Kühlpacks zu Hause vergessen habe. Da auch die fünf Kühlpacks, die ich im Kühlschrank in der Halle deponiert hatte, mittlerweile Beine bekommen haben, beschließe ich, nach Rücksprache mit Sven, noch schnell welche von zu Hause zu holen. Sicher ist sicher. Wenn ich keine hole, passiert bestimmt etwas. Murphys Law. Eine halbe Stunde habe ich noch. Reicht bei normaler Verkehrsdichte. Normalerweise. Leider muss ich aber meinen Königsparkplatz aufgeben.
14:21 Uhr: Ich bin wieder da. Aber natürlich war der Verkehr nicht normal. Eine geschlossene Schranke, mehrere rote Ampeln und die langsamsten Fahrer der Region haben den Lautstärkepegel im Auto mehrfach anschwellen lassen. Nicht das ich mich während der Fahrt aufgeregt habe, aber ich habe bis jetzt bei keinem Anpfiff gefehlt. Bei keinem Spiel. Weder B-, noch C-Jugend.
14:25 Uhr: Die Einlaufshow beginnt. Gidsel macht das klasse. Erst laufen die Gäste ein und werden namentlich aufgerufen. Danach die Golden Girls. Aber anstatt die Reihe zu vervollständigen, stellen sie sich 2-3 Meter hinter denen auf. Warum das denn? Sieht komisch aus und war anders geplant. Egal.
14:28 Uhr: Die Ehrung. Eigentlich sollte der Vertreter der Region eine kleine Rede halten und den Pokal nach dem Spiel übereichen. Nun führt der die „Zeremonie“ relativ lieblos vor. Es geht im allgemeinen Trubel vor dem Spiel fast unter. Auch das war anders geplant. Aber jetzt sind die Golden Girls offiziell Meister.
14:30 Uhr: Der „Wer-sind-wir-Ruf“ vor dem Spiel wird auch verbömmelt. Die Buchstaben werden verdreht und somit wird der Schlachtruf recht erbärmlich. Irgendwie schwant mir übles…
14:31 Uhr: Endlich der letzte Anpfiff der regulären Saison der weiblichen C-Jugend. Die Vorzeichen stehen aber auch wirklich nicht gut. Jule und Rike leicht angeschlagen. Rike sogar noch mit Fieber die Tage vor dem Spiel. Melina fällt ganz aus. Aber passieren kann ja nichts mehr.
14:32 Uhr: Erster Angriff und gleich 7-Meter. Klasse. Doch Neomi zielt daneben. Mist. Doch nach weiteren zwei Minuten kann Leni endlich zur 1-0 Führung treffen. Bislang keine richtige Chance für die JSG. Läuft.
14:47 Uhr: Eine knappe Viertelstunde sieht es leider etwas anders aus. Besonders Rike merkt man an, dass sie nicht fit ist. Sie hat zwar ein Tor erzielt, greift aber in der Abwehr nicht richtig zu. Auch sonst steht die Abwehr nicht wirklich. Spielstand 5-5
14:52 Uhr: Eieiei. Mittlerweile bereits -3. Um Rike zu schonen, kommt Jule. Da aber auch sie nicht richtig fit ist, bringt es nicht wirklich eine Verbesserung. Das war anders geplant. Spielstand 7-10.
14:57 Uhr: Halbzeit. 11-12. Wir konnten uns wieder bis auf ein Tor rankämpfen. Oder besser rankrampfen. Es läuft nicht. Gar nicht. Nach vorne bringt nur Issy und mit Abstrichen Leni das, was sie können. Nach hinten eigentlich fast niemand. Aber komischerweise lässt mich das an einen Sieg glauben. Immerhin können wir keine zwei Halbzeiten so schlecht spielen.
15:00 Uhr: Ich bleibe nur kurz in der Kabine. Ich laufe schnell hinter Gidsel und Lotti her, die die Hoddies aus dem Auto holen soll. Draußen angekommen, sehe ich, wie die Kleidungsstücke erstmal begutachtet werden. Verdammt nochmal. Die sollen sich beeilen und kein GNTM spielen. Wenn sie zu lange rumdaddeln, kommt zufällig eine Spielerin auf den Gang und bekommt etwas mit wenn sie früher auf die Platte will.
15:05 Uhr: Weiter geht es. Leider gleich wieder zum Aufregen. Leni trifft zwar noch zum Ausgleich und nach der erneuten Führung gibt es 7-Meter. Da Neomi den ersten verworfen hat, tritt Jule an. Etliche Male haben wir es im Training geübt und sie hat reihenweise Bälle links unten versenkt. Aber der Kopf spielt wieder einmal nicht mit. Halbhoch mit halber Kraft. Verworfen. Ich könnte ausflippen. Ich glaube, dass bekommt in diesem Augenblick mein Umfeld auch mit.
15:14 Uhr: Rike kann nochmal die letzten Kräfte mobilisieren und trifft zum 14-13 für die Golden Girls. Aber wieder merkt man, dass sie auf dem Zahnfleisch kriecht. Das Stehen in der Luft, was sie sonst so auszeichnet, bekommen wir nicht zu sehen. Dafür sieht sie in der Abwehr oft hinterher. Leider mit Abstand der schlechteste Zeitpunkt für ihre Krankheit.
15:19 Uhr: Wieder ein 7-Meter verworfen. Dieses Mal Issy. Ausflippen kann ich bald nicht mehr. Mittlerweile führen die Gäste wieder. 35 Minuten sind gespielt und es kommt einfach keine Ruhe rein. Ich weiß, dass der Schiedsrichter keine Schuld hat. Aber so viele (angeblich) technische Fehler hatten wir das ganze Jahr nicht. Er hat in dem Spiel so viele Übertritte in den Kreis von Rückraumspielerinnen abgepfiffen, wie wir in allen B-/und C-Spielen zusammen nicht bekommen haben. Das hilft natürlich nicht, um die Nerven zu beruhigen. Spielstand 14-16
15:28 Uhr: Zwar hat Neomi mittlerweile endlich einen 7-Meter verwandelt, aber auch Weserbergland verwandelt einen und sie führen mit 20-17. Sven nimmt eine Auszeit. Lotta hat mittlerweile das Tor verlassen und Platz für Jule M. gemacht. Hat aber auch nicht geholfen. Kein guter Tag für die Torhüter. 43 Minuten gespielt.
15:32 Uhr: Die Wirkung der Auszeit ist noch schneller verpufft als mein Traum vor dem Spiel von einem hohen Sieg. Weserbergland führt 21-17 und jetzt ist allen klar, dass die erste Niederlage fällig ist. Zwei Paraden der gegnerischen Torhüterin und das erneute Scheitern von Neomi von der 7-Meter Linie scheinen das Spiel zum Debakel zu machen. Ich drehe mich zu Lotti und Gidsel um ihnen das Zeichen für die Hoodieübergabe zu geben.
15:35 Uhr: Ergebniskosmetik. Immerhin verwandelt Issy noch einen 7-Meter und auch Neomi kann noch ein Tor erzielen. Nur noch 2 vor aber das Spiel ist fast vorbei. Mittlerweile werden die Hoodies verteilt. Die Überraschung ist zwar groß, aber so richtig kann sich keiner freuen.
15:36 Uhr: Abpfiff. Jule M. hat nochmal einen Ball gehalten aber das Spiel geht mit 19-21 verloren. Ich will zu Jule und ihr den Hoodie geben. Aber sie geht auf die Knie und hat dafür momentan keinen „Kopf“. Zu groß ist die Enttäuschung. Tatsächlich verloren.
Alles ab 15:37 Uhr: Immerhin passen die Hoodies. Aber dafür haben Lotti und Gidsel ja auch heimlich Probetragen beim Auswärtsspiel der B-Jugend in Wettbergen gemacht. Doch fast alles andere, das war alles anders als geplant. Eine volle Halle. Es sollte Werbung für den Handball, für die Golden Girls gemacht werden. Im Vorfeld wurde alle mobilisiert was „Beine“ hatte. Onlinemedien und Printmedien. Instagramm, Plakate und Mundpropaganda. Sogar Justus „Fischi“ Fischer von den Recken aus Hannover hat auf seinem Instagramm Account für das Meisterschaftsfinale geworben. Und dann das. Immerhin war es gut für die Kasse. Aber warum die Niederlage? Woran lag es? Gut, der Gegner war immerhin Platz zwei. Aber trotzdem. Ich bleibe dabei. In Normalform haben die keine Chance gegen uns. Ich war zwar vor dem Spiel aufgeregt, aber habe keinen ernsthaften Gedanken an eine Niederlage verschwendet. Der Schiedsrichter hatte ein paar komischen Entscheidungen (immerhin hat sich Sven nach, nach der gelben Karte im ersten Spiel gegen Empelde, hier die zweite abgeholt) und die gegnerische Torhüterin war gut (flach, flach, FLACH werfen). Rike und Jule waren angeschlagen. Aber das war das erste Spiel, in dem nicht der Druck da war, gewinnen zu „müssen“. Ich glaube, die endgültige Gier, der Wille war heute nur bei den Gegnern da. Ohne Druck geht halt nix bei Teenagern. Wie zu Hause. Wenn sie keinen Druck bekommen, geht nichts freiwillig.
Abgehakt. Es war eine geile Saison. Das wird wohl nicht wiederholt werden können. Alle können stolz auf sich sein. Die B-Jugend hat zwar noch ein Spiel, aber das wird nur noch eine Spaßveranstaltung sein. Somit kann ich ein Fazit ziehen. Es gab nicht für alle die Spielzeit, die sie sich gewünscht haben. Weder in dem Spiel noch in der Saison. Aber alle haben mitgezogen und einen unglaublichen Teamgeist bewiesen. Alle haben sich spielerisch und persönlich weiterentwickelt. Es ist schön, die Mädchen im Training und bei den Spielen zu sehen.
Hier sollten jetzt noch etliche Zeilen mit schönen Szenen folgen. Aber leider war die Niederlage ein Stimmungskiller. Die Stimmung ist zwar ok, aber nicht so ausgelassen. Es passt mit Weserbergland, die Mädels tanzen auch im Kreis und besingen ihre Meisterschaft aber etwas fehlt. Richtige Stimmung kommt wohl erst wieder am Abend, bei der Abschlussfeier beider Mädchenmannschaften auf. Aber das ist eine andere Geschichte.
Der ganze Tag verlief anders als geplant. Anders als geplant. So auch dieser Bericht hier. Der vorerst letzte.
Bis bald.
Evtl. zur Relegation
Für die Golden Girls spielten: Lotta (Tor/3 Paraden), Jule M. (Tor/2 Paraden), Issy (6), Neomi (5), Leni (4), Rike (3), Jule (1), Lucy, Elif, Alina, Adina, Emma, Greta und Doaa.