Weibliche B I: TuS Jahn Hollenstedt vs HSG Wennigsen/Gehrden

Hammer

Von Torben Weschen

So kann man wohl das Ereignis beschreiben, mit dem die Vorbereitung auf d<s Spitzenspiel gegen Hollenstedt angefangen hat. Vanessa kann nicht spielen. Whaaaatttt? Verletzung an der Hand und Gips. Evtl. kein Spiel mehr diese Saison. Viel schlechter können die Nachrichten nicht werden. Ohnehin muss man schon auf Ida verzichten, die einen privaten Termin hat. Doch wer Thor kennt, der weiß, dass er mit seinem Werkzeug ganz gerne mehrfach zuhaut. Und so holt er noch ein weiteres Mal kräftig aus und lässt auch Jolina ausfallen. Übelkeit mit Fieber. Tja, jedes Spiel fängt zwar bei Null an, aber wir starten, zumindest gefühlt jetzt mit Minus 1-2. Es gibt ja auch noch den Faktor Harz. Nun gut, auch unsere Mädels werkeln ja nicht nur mit Plastikschäufelchen und wollen denen trotzdem zeigen, was eine Harke ist. Und los. Den Vereinsbus gefüllt und noch etliche Eltern im Schlepptau geht es ab auf die Autobahn. Angekommen in der quasi Geburtsstadt von Max Schmeling, erwartet uns in der gleichnamigen Halle der nächste Hammer. Wer jetzt den nächsten Ausfall einer Spielerin befürchtet, liegt auf dem Holzweg. Dieses Mal ist es der Spitzname des schlitzohrigen Trainers des Heimteams. Eine Ikone in der Hollenstedter Handballszene, der den Namensgeber der Spielhalle in seiner Kindheit noch persönlich kennengelernt hat. Ein sympathischer Zeitgenosse und eben ein Schlitzohr. Wollte er uns doch vor dem Spiel weißmachen, dass er auch Ausfälle in seinem Team zu beklagen hat. Wer aber der Truppe beim Warmmachen zuschaut, der wundert sich dann schon ein wenig über die Frau- ähh Mannschaftsstärke. Da sollen 3-4 fehlen? Egal, „Hammer“ Lehmann zeigt uns „seine“ Halle(n) wie er sie liebevoll nennt. Mit einem gespendeten Kaffee schlendern wir also durch die Gänge und erleben einen kleinen historischen Exkurs über den Bau. Nette Geste und führt uns leider vor Augen, wie unterschiedlich die Voraussetzungen der beiden Vereine sind. Nicht nur für das heutige Spiel. Es gibt zwei vollwertige Hallen. In der einen gibt es zwar keine Tribüne, aber wenn man bedenkt, dass bei idealer Trainingsvorbereitung hier quasi vier Teams zeitgleich trainieren können, wird einem ganz blümerant um die Nase. Und in keiner Halle flackert das Licht… Doch nicht nur das. Es gibt auch einen eigenen Kraftraum, der mehr oder weniger rund um die Uhr benutzt werden kann. Wenn Hans Rosenthal das gesehen hätte, könnte man von ihm, im Sprung den Ausspruch hören, „Sie sind der Meinung das ist HAMMER!“. Das alles in einem Kaff (nicht despektierlich gemeint) mit nicht mal 4.000 Einwohnern. Davon träumt mit Sicherheit nicht nur Wennigsen. Nach dem (un)glückllichen Unentschieden im Hinspiel wollen wir, trotz aller Umstände, zwei Punkte mitnehmen. In unserem Falle wäre Platz zwei zwar nicht für Verlierer, aber wir wollen trotzdem versuchen, ganz oben zu stehen. An unserer Kabinentür hängt ein Zettel mit der Botschaft: „Herzlich Willkommen HSG Wennigsen/Gehrden“. Nett. Doch nett ist irgendwann vorbei. Wir sind schließlich nicht hier, um Kaffee zu trinken und zu sehen, was für tolle Hallen in Norddeutschland so rumstehen.

Apropos rumstehen und Halle. In der stehen wir jetzt und schauen mal den Treiben zu, welches gerade beginnt. Ein wenig Nervosität ist mit auf dem Platz. Normal. Vorne beginnen wir mit einem Fehler, aber hinten kann Sarah den ersten halten. Trotzdem dauert es nur knapp 60 Sekunden und dann steht es 1-0 (1.) für Hollenstedt. Dann knallt uns wieder ein Hammer um die Ohren. Oder besser in die Ohren. Wir sind nicht bei den Recken in der ZAG Arena, fühlen uns aber so. Musikeinspieler nach dem Tor. Im Verlauf des Spiels nach jedem Tor und auch den Strafen. So laut, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Wow. Wie bei den Profis hier. Wahrscheinlich ein wenig überfordert dadurch, erzeugen wir noch einen Fehler, bevor wir den Ausgleich erzielen können. Aber Hollenstedt geht gleich wieder in Führung 2-1 (3.) Beim nächsten Angriff kann Neomi nur 7-Meter reif gestoppt werden und die neue Freiwurfkönigin tritt an. Hannah steht in ihrer unverkennbaren Art an der Linie und will den Ball an der Torhüterin vorbei feuern. Nein, macht sie nicht. Völlig cool, als würde sie mit dem drumherum jeden Morgen aufstehen, lupft sie den Ball über die Torhüterin. Das macht sie nicht wirklich. Doch, (boah, ich bekomme tatsächlich gerade wieder eine Gänsehaut, wenn ich an die Szene denke) der Ball verlässt die (Harz)Hand, fliegt über die Torhüterin und senkt sich knapp vor der Latte ins Netz. Wie war das? HAMMER! Das muss mal in einem solchen Spiel mal bringen… 2-2 (4.) Leider ist Hollenstedt nicht wirklich geschockt, sondern ergreift sofort wieder die Initiative. Sarah kann zwei Mal erfolgreich eingreifen, aber da wir vorne nicht treffen, liegen wirklich plötzlich 2-4 hinten (8.) Doch ein schönes Tor von Lorena kann uns aufwecken und durch drei weitere Tor am Stück, schaffen wir einen 4-0 Lauf und drehen die Partie. 6-4 für uns (15.) Aber so langsam sieht man, wohin das Spiel sich entwickeln wird. Das Spiel wird durch die Abwehrreihen dominiert. Doch so gut unsere Mädels in der Abwehr auch dagegenhalten können, so schwer wird es vorne. Sobald wir uns der 9-Meter Linie nähern, werden wir sofort festgemacht. Gegen dieses Halten finden wir, trotz der momentanen Führung, wenig Mittel. Sie sind uns körperlich überlegen. Da fällt mir der Kraftraum wieder ein. Das Spiel kostet Kraft. Jetzt ist Hollenstedt wieder am Drücker und geht mit einem 3-0 Lauf in Führung. 7-6 (17.) Was für ein Spiel. An Spannung kaum zu überbieten. Doch schlafen könnten man auch bei einem Schlafwagenhandball nicht, da einen die Musik im Minutentakt aus den Träumen reißen würden. Doch auch unsere mitgereisten Fans machen Lärm. Eine geile Stimmung. Schon jetzt irgendwie die schönste Erfahrung der Saison. Hannah verwandelt auch 7-Meter Nummer drei sicher, auch wenn sie sich jetzt auf ihre normalen Wurfkraft verlässt. Rike legt noch einen obendrauf. Die Führung wechselt wieder. 8-7 für uns (20.) Doch wie das ganze Spiel schon, geht es hin und her. Leider geht es jetzt wieder her und nach unserer Führung ist Hollenstedt an Drücker. So kurz vor der Halbzeit fehlt es auch schon ein wenig an Kraft. Maja, die Toptorjägerin haben wir die ersten 20 Minuten gut im Griff gehabt, aber jetzt schlägt sie noch zwei Mal zu und noch ein dritter Gegentreffer sorgen leider für einen zwei Tore Rückstand zur Pause. 8-10

Egal was gesagt wird, die Mädels werden es nicht verstanden haben. Gehört schon, aber diese Halbzeit hat so viel Kraft und Emotionen gekostet, dass nicht viel Aufmerksamkeit übrig sein dürfte. Aber man sieht die Verbissenheit und den unbedingten Willen in den Augen. Das Spiel noch nicht verloren. Also gehen wir wieder raus und genießen die nächsten 25 Minuten. Egal wie es ausgeht.

Es dauert zwar ein wenig, aber wir sind wieder am Drücker. Sarah kann einen Ball halten und nach zwei Minuten fällt das 9-10 (27.) durch Hannah. Ihr erster Treffer heute aus dem Feld. Jubel und die Fäuste gehen hoch. Da geht noch was. Direkt nach Svens Gemecker über Rikes Abwehrarbeit kann sie einen Ball wegschnappen. Huscht da ein leichtes Grinsen über ihr Gesicht? Es geht hin und her. Tore fallen auf beiden Seiten und Hollenstedt führt mit 11-10 (30.) Wieder die Chance auf eine Führung mit zwei Treffern, aber Neomi steigt hoch und kann den Ball blocken. Gegenstoß. Leider wird auch unser Wurf geblockt und der Ball springt durch den Kreis. Jule springt hinterher, kann den Ball mit einer Hand fangen und noch im Flug verwandeln. Was für ein Treffer zum 11-11 (32.) Und wieder geht Hollenstedt kurze Zeit später in Führung, kann aber Hannah nur auf Kosten eines 7-Meters stoppen. Erneut tritt Hannah an, aber dieses Mal geht der Ball leider nicht rein. Schade. Noch „schader“, dass Rike dann bei einem Tempogegenstoß der Erfolg verwehr bleibt und sie nicht trifft. Zwei große Chancen auf den Ausgleich leider vergeben. Was wäre gewesen wenn…? Doch wer will den Mädels das verübeln. Leider kann Hollenstedt diese Phase nutzen und zieht auf drei Treffer davon. 14-11 (35.). War es das? Können sich unsere Mädels nochmal rankämpfen? Zwei Tore in Folge lassen hoffen 14-13 (37.) aber nur kurze Zeit später, wird die Hoffnung wieder kleiner. Auch das Team von „Hammer“ erzielt nun wieder zwei Tore und stellt den alten Abstand wieder her. 16-13 (39.) In dieser Phase ist es kein Spiel für die Abwehr. Fast jeder Ball landet auf beiden Seiten im Tor. Neben der Kraft kommt es jetzt auf die Nerven an. Besonders Neomi ist auf unserer Seite in dieser Phase die „go to woman“. Neben ihrem Feldtor, ist sie auch Eiskalt bei zwei 7-Metern. Es fallen vier Tore aber der Abstand bleibt gleich 18-15 (41.) Die Crunchtime beginnt. Drei Tore hören sich zwar viel an, sind im Handball aber oft nur ein Wimpernschlag. Für dieses Augenklimpern ist nun Lotti zuständig. Einmal klimpern Auge links und einmal Auge rechts und es steht nur noch 18-17 (43.) Back in game. „Hammer“ zieht die Auszeit und beruhigt seine Mädels. Zumindest versucht er es. Lorena hat andere Pläne und erzielt den Ausgleich. Wieder Gänsehaut. Von diesem Spiel werde ich noch meinem Kind erzählen. Ach, die ist ja selber dabei. AUSGLEICH. 18-18 (43.) Wie geil. Was für eine Leistung. Und es geht weiter. Hollenstedt kann durch einen 7-Meter wieder in Führung gehen, doch flying Lotti hebt erneut ab und nagelt den Ball in die Maschen. 19-19 (45.) Nur noch fünf Minuten. Sarah fischt einen Weg und plötzlich haben wir wieder die Chance auf die Führung. Und was für eine Hannah tankt sich auf außen und wird unfair gestoppt. Auch für uns 7-Meter. Verworfen… Nein nicht jetzt. Doch, leider schon. Egal, Krone richten. Leider bekommt die Krone mit dem 19-20 (47.) eine kleine Delle. Doch wir haben wieder den Ball und der Ausgleich liegt in der Luft. Vergeben. Gegenstoß 19-21 (47.) nicht schön, aber noch ist in drei Minuten alles drin. Drauf, offensiv, stören. Wir versuchen alles. Hollenstedt wird auch nervös und verliert den Ball. Wir haben nochmal eine Torchance um zu Verkürzen. Aber es fehlt jetzt einfach die Kraft im Abschluss. Wir treffen nicht mehr und bekommen noch das Tor zum 22-19 Endstand. Verloren…

Aus vorbei. Keine Punkte für die Golden Girls. Einige Mädels sinken zu Boden. Tränen fließen. Ich versuche zu trösten, aber keine reagiert auf mich. Alle sind erschöpft, kaputt und niedergeschlagen. Ich treffe „Hammer“ Lehmann am Mittelkreis. Seine Taktik ist aufgegangen. Er hat seiner Truppe gesagt, dass sie uns die Kraft rauben sollen, weil uns Mädels fehlen… „Mit voller Truppe hättet ihr gewonnen“ sind seine ersten Worte an ich. Ja ich weiß denke ich mir und sage es auch. Aber für eine Meisterschaft muss halt alles passen. Heute hat es nicht gepasst. Die Meisterschaft ist verloren. Momentan fühlt es sich so an, als wäre die ganze Saison sinnlos gewesen. Ich hasse verlieren. Ich sollte den Moment hassen. Ich möchte und will. Aber ich kann es nicht. Die Co-Trainerin geht zu unseren Mädels und versucht sie zu trösten. Nette Geste. Auch das passt. Es war ein schön Erlebnis. Das happy End hat halt gefehlt. Als man ein paar Minuten später mit den mitgereisten Eltern reden kann, sind sich alle einig. Es war ein tolles Spiel. Ein bis zwei Spielerinnen mehr zu Wechseln haben gefehlt. Zu den spielerischen Elementen zeigte die Truppe von Coach Köster heute einmal mehr, dass sie ein Team, eine Mannschaft sind, die auch kämpfen kann. Hollenstedt hat letztendlich verdient gewonnen und zeigte sich als toller Gastgeber und Gewinner. Das wir von den Fotografen ein paar Tage später noch schöne Impressionen vom Spiel zugeschickt bekommen haben, rundet die Fahrt weiter ab. Schöne Bilder. Die Rückfahrt wird nicht ganz so schön wie erhofft, aber man richtet den Fokus schonmal auf die nächste Woche, wenn mal im Kontrast beim Tabellenletzten antreten muss um zwei Punkte zu sichern und den Anspruch auf Platz zwei zu untermauern.

Für die Golden Girls spielten: Sarah (Tor/ 7 Paraden), Neomi (5), Lotti (4), Hannah (4), Lorena (2), Rike (2), Jule (2), Leni und Gidsel

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